Uns allen wird irgendwann bewusst, dass Sterben-müssen nicht ausgerechnet an uns selbst vorbeigehen wird. Dass die Möglichkeit des Todes schon immer da ist, er uns „nachschleicht“, „nur für den Fall“. Wolf Erlbruch erfindet für diese Gedanken eine unbekümmerte langhalsige Ente, den Tod, der der Ente „nachschleicht“, personifiziert er als ein Kerlchen, nicht größer als die Ente, mit knöchernem Schädel und im karierten Kleidchen. Für welchen Fall? fragt die Ente, noch einigermaßen erschrocken, kehrt dann aber zu schnattriger Lebens-Fröhlichkeit zurück. Dabei gewöhnt sie sich an ihren Begleiter, will sogar seine Freundin sein. Sie gehen zusammen gründeln (ist nichts für den Tod), reden über Gott und die Welt. Das Erschrecken ist tiefer, als der Tod mit der Ente auf einen Baum steigt und sie sich beim Hinunterschauen auf ihren Teich ohne Ente sehr unbehaglich fühlt. Der Teich wird ohne sie also auch noch da sein? Oder nicht? Auf Bäumen kommt man auf komische Gedanken, findet die Ente. Als sie eines Abends im Winter friert – eine ganz und gar ungewöhnliche Empfindung für eine Ente – bittet sie den Tod, sie zu wärmen …
Wenige Striche reichen Erlbruch aus, um der Ente Unbekümmertheit, Sorge, Abwehr, Fragen, Lieber-nicht-hingucken ins „Gesicht“ zu zaubern. Das Gleiche gilt für die Figur des Todes, die aber darüber hinaus geheimnisvoller wirkt, kindlich zwar, aber mit schwarzen Handschuhen, schwarzer Tulpe. Nur Ente und Tod agieren miteinander, ausgeschnittene Figuren auf weißem Grund und rhythmisiert, wenn die Buchseiten nacheinander umgeschlagen werden. Der „Tanz“ beginnt solo mit der Ente und endet solo mit dem Tod.
Ist das ein Buch für Kinder? Schwierig zu beantworten. Es handelt sich um eine sanfte, melancholische Begegnung mit Gedanken an die Endlichkeit unseres Lebens. Auf keinen Fall aber ist die Geschichte beängstigend, auch der leise Humor, ja, Witz, in den Dialogen zwischen Ente und Tod und in den Bildern, wird sich Kindern erschließen. Vermutlich bleibt die Ebene der Metaphern, die Erlbruch für die Anwesenheit des Todes im Leben gefunden hat, für sein Näherrücken, für die Vorstellung von der Welt ohne uns, für das Sterben selbst, den Erwachsenen vorbehalten.