Fuchs und Wolf und Hund, alle drei gehören klassischerweise zum Personal der Kinder- und Jugendliteratur in allen ihren Sparten und das in immer neuen Varianten. Ein Wolf, der kontemplativ unter einem Baum sitzt? Ein Fuchs, der sein Leben träumt? Und daneben ein geliebter Hund, der im wirklichen Leben abgegeben werden muss? Das ist alles möglich!
Der kleine Fuchs
Mit ziemlich vorwitziger Schnauze und neonorange leuchte der kleine Fuchs vom Cover des Buches auf dunkel-türkisem Grund. Er lebt in den (holländischen) Dünen, spielt mit den Vögeln, jagt sie, foppt sie. Dann rennt er zwei Schmetterlingen hinterher, rennt, springt, taumelt plötzlich ins Leere und schlägt hart auf den Boden.
Die Szene wechselt: bisher füllte ein türkisgrün eingefärbtes Foto mit hinein gezeichneter farbenfroher Tierwelt jeweils eine Doppelseite, jetzt ist alles „nur“ gezeichnet. Mal vignettenhaft, mal ganzseitig, mal als Bildfolge und der Text wird wichtig! Der kleine Fuchs träumt einen Bewusstlosigkeits-Fall-Traum – sein Leben „zieht an ihm vorbei“. Er ist wieder der kleine Fuchs, der nur Mama und Milch denkt, dann größer wird und neugierig wird auf die Welt vor dem Bau. Oje, denkt, die Leserin, der kleine Fuchs wird doch nicht sterben! Da unterbricht sich die Handlung, die Bilder zeigen wieder die doppelseitige Fotolandschaft, jetzt fährt ein kleiner Mensch mit dem Rad durch die Kulisse. Er schaut, er erkundet, er rastet. Ah, vielleicht kommt Hilfe? Wieder zum Fuchs, dessen Traum führt derweil immer weiter in die herrliche (jetzt wieder gezeichnete) Welt hinaus …
Dann bewegen sich Traumwelt und der radelnde kleine Mensch aufeinander zu: Der Fuchstraum ist bei den Schmetterlingen und dem Schlag angekommen, die eingefärbten Fotos sind wieder da, das Kind hebt den Fuchs auf und trägt ihn zum Waldrand. Fuchsduft dringt in das Bewusstsein des kleinen Fuchses! Er könnte jetzt aufwachen, träumt er – und er wacht auf, seine Familie ist da und alles ist gut.
Wunderbar ist dieses Buch! Bild und Text, Traum und Realität sind komplex miteinander verwoben, die Handlung ist interessant und spannend, der Text auf den Punkt emotional, die Bilder eine einzige Augenweide – die Farben, die Tierzeichnungen, vor allem die leuchtenden neonorangenen Füchse.
Ab vier Jahren und für jede und jeden.
Für immer Alaska
Anna Woltz kann einfach interessante Alltagsgeschichten schreiben!
In diesem Buch entwickelt sie mit Parker, die ihren geliebten Hund Alaska abgeben musste, und Sven, als dessen Assistenzhund Alaska danach arbeitet, zwei fast jugendliche ProtagonistInnen, denen man gerne und gespannt folgt. Sven leidet unter einer schwer kontrollierbaren Epilepsie und kommt als damit haderndes Ekelpaket daher. Parker gibt sich gleich am ersten Tag in der neuen Schule eine Blöße, die ihre MitschülerInnen mit Sven an vorderster Front weidlich ausnutzen. Beide sprechen abwechselnd aus Ich-Perspektive, wir LeserInnen fühlen das „hundeförmige Loch“ in Parkers Leben mit, genauso die Angst von Sven, für einen Freak gehalten zu werden, der am Boden liegt und merkwürdig und erschreckend zuckt. Parker setzt sich in den Kopf, Alaska zu entführen, ausgerechnet darüber kommen sie und Sven ins Gespräch, letzterer allerdings zunächst unwissentlich.
Für beide hält die Erzählstimme noch diverse Hürden, aber ein glaubwürdiges gutes Ende und neue Perspektiven bereit.
Ein toller Kinderroman ab 10 Jahren.
Großer Wolf & kleiner Wolf
„Schon immer lebte der große Wolf allein unter seinem Baum oben auf dem Hügel. Dann kam eines Tages der kleine Wolf. Er kam von so weit her, dass der Große Wolf zuerst nur einen Punkt sah.“ Der kleine Wolf ist so blau wie der große schwarz ist und glücklicherweise bestätigt sich die Angst des großen, der „Punkt“ in der Ferne könnte beim Näherkommen größer als er selbst werden, nicht. Zögerlich lässt er den kleinen Wolf teilhaben: ein Stück Decke in der Nacht, etwas vom Frühstück, gemeinsam Morgengymnastik machen. Spazieren gehen allerdings – das will er allein. Nur ist der kleine Wolf am Abend, als der große Wolf zurückkehrt, verschwunden.
Zum ersten Mal in seinem Leben spürt der große Wolf Sorge und Sehnsucht. Es dauert sehr lange, über den ganzen Winter, bis sein Herz vor Freude klopfen kann, auch zum ersten Mal.
Olivier Tallec erschafft Tableaus in leuchtenden, kühnen Deckfarben. Sie sind sehr lebendig, obwohl immer nur ein Baum, eine Wiese oder Waldrand, die beiden Wölfe und vor allem Himmel zu sehen sind. Mit dem großen, lang- und spitznasigen, schwarz gestrichelten Wolf ist ihm ein sympathischer Charakter gelungen. Schön, dass der Gerstenberg Verlag dieses Bilderbuch wieder aufgelegt hat.
Ab drei Jahren.