Die Notwendigkeit und die Aufforderung zum Maßhalten in den Corona-Wochen inspiriert dieses "Triple". Nein, keine Corona-Titel, sondern im Gegenteil: drei Bilderbücher, die gerade Maßlosigkeit zum Thema haben! Zwei reizen das Motiv sehr spielerisch und genüsslich aus, das dritte erzählt eine moderne zeitgemäße Fabel, deren Protagonist an seiner Hybris scheitert.
Steckt!
Floyds Drachen bleibt im Baum hängen. Was tun? Floyd wirft den linken, dann den rechten Lieblingsschuh hoch, um den Drachen zu treffen und zu lösen – vergeblich. Vielleicht klappt es mit der Katze? Der Leiter? Einem Orang-Utan? Einem Wal? Der Haustür? Dem ganzen Nachbarhaus? Nein, alles bleibt im Baum stecken! Zuletzt noch ein Feuerwehrauto samt Besatzung! Inzwischen ist auf dem Baum eine eigene Welt entstanden, wie die Bilder zeigen. Oliver Jeffers bringt zeichnerisch alle Wurfgeschosse dort oben unter, das sieht phantastisch, famos und verrückt aus! Und der Drachen? Als gar kein Platz mehr ist, segelt er Floyd ganz von selbst vor die Füße..
Seepferdchen sind ausverkauft
Dieses Buch ist „vor Corona“ entstanden, das Setting kommt uns allerdings sehr vertraut vor. Mikas Papa arbeitet im Homeoffice, Mika ist weder in Kita oder Schule und möchte den Vater zum Badesee locken. Später, ich muss noch arbeiten, geh zu Karli, sagt der. Karli ist aber bei seiner Oma, und die hat einen Hund! Lässt du mich in Ruhe arbeiten, wenn du ein Haustier bekommst? Ja! Mika darf in die Zoohandlung gehen und kauft eine Wüstenrennmaus. Jetzt nimmt die Geschichte Fahrt auf! Um die Rennmaus wiederzufinden, kauft Mika einen Hundewelpen, der sie schnell entdeckt, aber leider sein Häufchen neben das Klo setzt. Ein Seehund muss her (Seepferdchen sind gerade ausverkauft), der kann im Bad wohnen und aufpassen – und so weiter und so weiter. Ab und zu fragt Mikas Papa: Was machst du da eigentlich? Die lustigen, detailreichen Bilder von Katja Gehrmann erzählen, dass Mika einen wunderbaren Tag verbringt, und dass der übernächtigte, verstrubbelte, von Computer und Handy okkupierte Papa rein gar nichts mitkriegt.
Dann allerdings ist die Arbeit geschafft – los geht’s zum Badesee! Wo kommen nur die ganzen Tiere her?
Eine herrlich auf die Spitze getriebene Story! Autorin und Illustratorin feiern mit liebevollem Blick Kinderperspektive und kindliche Logik und machen sich genauso liebevoll über Eltern, über Erwachsene lustig.
Ab 4 Jahren
Die Fabel von Fausto
„Einst lebte ein Mann, der glaubte, ihm gehöre alles. Und er ging hinaus in die Welt, um sich anzuschauen, was seins war.“
Du gehörst mir – sagt er zur Blume, zum Schaf, zum See. Das bleibt unwidersprochen: na gut, dann gehöre ich eben dir. Erst der Berg, der sich vor Fausto verneigen soll, widersetzt sich. Was für ein wunderbares und gleichzeitig erschreckendes Bild, als sich der Berg letztlich doch Faustos Wut und Willen beugt.
Dann das Meer. In Blau und Grün und Grau und unergründlich füllt es die Buchseite und hört erst gar nicht, was ihm Fausto von seinem Schiff aus – einer Nussschale – entgegen schreit: Meer, du gehörst mir! Wir Betrachterinnen wissen sofort, dass das nicht gut enden kann, und so kommt es auch: Fausto findet in der Kraft des Meeres, welches auf ihn nicht angewiesen ist, seinen Meister.
Mit klarer, reduzierter Sprache, mit Bildern, die gegen viel Weißraum gesetzt ihre Wirkung entfalten, wird eine Fabel über menschliche Gier, Hochmut, Maßlosigkeit erzählt – und über eine Natur, der ein Mensch nicht gewachsen ist. Ein melancholisches Buch, nicht oft begegnen wir im Bilderbuch dem beängstigenden Gedanken, dass Berg, See, Schaf, Blume und Meer uns nicht brauchen, dass sie weiter existieren, wenn wir gestorben sind.
Für alle.