„[…] danach küsste er seinen Vater und seine Mutter und ging seiner Wege. ‚Ich will sehen, ob ich
Irgendwo etwas tun kann‘, rief er über die Schulter. ‚Tu’s vor allem vorsichtig!‘, riefen ihm sein Vater und seine Mutter nach. Olek trug die Nase weit weg vom Boden. Mit den Händen schob er den Gegenwind zur Seite. Aus seinen Schritten machte er Sprünge.“
Dass dieser vor Lebendigkeit strotzende (aber auch etwas naive) Olek Großes vollbringen kann – das scheint mal klar. Umso überraschender ist, dass seine „einstweilen guten Taten“ kleine Dinge sind: kürzeste Schnürsenkel binden, Löcher in einem fast verlorenen Eimer abdichten, ein Kaninchen aus einer Falle befreien (obwohl „vermutlich ganz in der Nähe gleich ein anderes Kaninchen in eine Falle laufen würde“). Der rote, scheinbar verletzte Vogel, um dessentwillen Olek gefährlich hoch klettert, will offensichtlich nicht gerettet werden. Olek erwischt nur eine rote Feder.
Die großen Prüfungen warten aber noch, denn Olek findet sich, nach seinem Sturz von jenem Baum, mit zwölf Mädchen und elf vergeblichen und darum versteinerten Helden vor dem dampfenden, fauchenden Tor zur Hölle. Der Teufel selbst tritt daraus hervor, um „seine“ Mädchen zu verteidigen. Ein ungleicher Kampf, aber Olek wird nicht allein, sondern mit vielen Leuten und verliebt nach Hause kommen.
Bart Moeyaerts Text bearbeitet verschiedene Märchen und Märchen-Motive – der Feuervogel, Jorinde und Joringel, magische Dinge und Zahlen – und verdichtet das zu einer spannenden, immer vorwärts treibenden Geschichte, in der kein Wort zuviel ist, die … glücklich macht!
Wolf Erlbruch zeichnet auch zu diesem Text vielfach linear, bezieht aber auch seine Collage-Technik mit ausgeschnittenen, eingefügten Figuren ein. Magisches (Feuer) Rot trägt Olek im Gesicht, auf dem Kopf immer die Pelzmütze aus Bärenfell. Nicht nur aus dem Text, auch aus Erlbruchs Bildern steigt jemand, der mit den Händen den Gegenwind zur Seite schieben kann.
„Olek schoss einen Bären“ ist eine ganz und gar gelungene Zusammenarbeit dreier in ihrem jeweiligen Fach meisterlicher Künstler:innen: Bart Moeyaert, Wolf Erlbruch, Mirjam Pressler (Übersetzung ins Deutsche).