„Es war einmal ein Prinz, der wollte lieber eine Prinzessin sein. Zwar wünschen sich Prinzen immer wieder mal dies oder das. […] Doch der Wunsch von Hannibal Hypolyt Hyazinth war anders. Blubbernder und brodelnder. Dringlicher und drängender. Heimlicher – und gleichzeitig unheimlicher.“ Denn nichts, was ein Prinz mögen sollte, zumal einer mit dem Bezwinger-Vornamen Hannibal, machte ihm Spaß.
König und Königin kommen als Berater:innen nicht in Frage, zuviel zu tun (Rohers Bilder, und nur die, zeigen, was das heißt), aber es gibt ja noch sieben Schwestern, allesamt Prinzessinnen. Prinz Hannibal fragt sich also durch: Wie kann ich eine Prinzessin werden?
Die Älteste ist abgeklärt. Willst du das wirklich? Sorgloses Prinzessinnendasein sei möglicherweise ein Märchen. Sie kenne eine Königstochter, die habe bei Zwergen den Haushalt machen müssen! Und die übrigen Schwestern? Sie empfehlen, eine Nacht auf einer Erbse zu schlafen, einen Frosch zu küssen und diesen sagenhaften gläsernen Pantoffel zu probieren ... Erst der Rat der beiden jüngsten eigenwilligen Schwestern elektrisiert Hannibal! Ob er denn nicht wisse, dass in jedem Prinzen sowieso ein Funken Prinzessin stecke, den man zum Lodern bringe könne?
Den Rest, Prinz Hannibals Coming-Out, erzählen Text und Bild in enger Verschränkung. Wie schon vorher füllen Michael Rohers Bilder – aus monochromen sattfarbigen Blättern klar geschnittene Collagen, in welche er Details mit Stiften hineinzeichnet – Textleerstellen, sie geben zusätzliche Informationen, z.B. lackierte sich der vielbeschäftigte König die Zehennägel, z.B. mit der bildlichen Charakterisierung der Schwestern, z.B. das Zusammensammeln von Rock, Schuhen, Mieder, schon dem Körper eingeschrieben .. Bühnenreif der Auftritt von Prinzessin Hannibal!
Das lustvolle Durchspielen einer Prinzessinnenwerdung entlang bekannter Märchenmotive und die daraus resultierende allgegenwärtige verhaltene Komik täuschen nicht darüber hinweg, dass hier eine Position zu fließenden Gendernormen, zu Transgender eingenommen wird: man kann wissen, was man fühlt, und man kann wählen, das zu leben, was man fühlt! Das Ende dieses Bilderbuches: ein Anfang.
Der Luftschacht Verlag hat diesen Titel, der seinerzeit mit einem Platz bei den „Besten 7 für junge Leser:innen“ ausgezeichnet wurde, im Sommer 2022 neu aufgelegt.